Wednesday 12 January 2011

Neues Jahr, neues Fenster



Es ist so weit: das erste Schaufenster des Jahres ist dran. Nachdem ich einige Tage mit seufzen verbracht hatte – so im Stile von: ohhhhh, ich muß das Fenster ändern – oh je, was mache ich nur – oh nein, mir fällt nix ein – bahnte sich ein schwaches Bild an. Das ist in der Realität meist noch sehr vage, fast wie in weiter Ferne. Aus dieser Ferne im Kopf entstand ein einziger Hinweis: dunkelblaues Papier. Für den Hintergrund. Ab zum Hermannplatz, wo es dunkelblaues Papier nicht gab, nur schwarzes – also ist das Fenster nun schwarz weiß, was mir in seiner Strenge gut gefällt.

Inhaltlich geht es diesmal um Lyrik. Das liegt zunächst daran, daß ich es nach gefühlten acht Jahren endlich geschafft habe, neue Gedichtkarten zu produzieren. Die sind teilweise deutsch, teilweise englisch - wieder einmal freue ich mich über das deutliche Interesse meiner (offensichtlich hochintelligenten) Kunden am englischen Original. Meine Lyrik-Laune begann mit einer versehentlichen Entdeckung: ich wollte einer Kundin die schönen Reproduktionen von diversen Kunstwerken im Insel Büchlein „Leise rieselt der Schnee“ zeigen. Dabei las ich zum ersten Mal das Gedicht An deiner Seite von Ernst Penzoldt. Wunderschön! Hier also einige ausgewählte Gedichte von unseren „Grimms Post“ – Karten.

Viel Freude!






An deiner Seite

Ich will
An deiner Seite
Still
Über beschneite
Wege gehen,
tief in das unbekannte Weiße,
und alle Spuren sollen hinter uns verwehn.
Dir werden Flocken leicht im Haare hangen,
in Deinem Lächeln sich verfangen,
in blauem Atem glitzern und zergehn.
Du bist so leise,
als könntest du verstehn,
daß wir schon lange nur auf Flocken schreiten
und endlos fallend aus den Ewigkeiten
ins Grenzenlose sanft herniedergleiten.

Ernst Penzoldt







Dust of Snow

The way a crow
Shook down on me
The dust of snow
From a hemlock tree
Has given my heart
A change of mood
And saved some part
Of a day I had rued.

Robert Frost







Der weiße Reiher

Weiß fällt ein Reiher ein auf herbstlichen See,
Gleich einem Tropfen Tau, der niederweht.
Reglos mein Herz und ihm nur zugewandt,
Der einsam dort am Rande der Sandbank steht.

Li Tai-Bo